Montag, 28. Oktober 2013

Skurrile Jobinterviews (II)

Eine weiter Folge von seltsamen Jobinterviews, die ich oder andere Postdocs/Biologen hatte.


2. Postdoc Stelle in der Forschung

Ich hatte mich auf eine weitere Stelle als Postdoc in der Forschung beworben, etwas worauf ich zwar keine groooosse Lust hatte (nur 2-Jahresvertrag) aber man muss ja jede Chance nützen, die man im Alter bekommt. Man sollte vor der Gruppe einen Vortrag über das Forschungsgebiet halten, das man gerade bearbeitete. Ok, das ist nichts ungewöhnliches und wird meist in Forschungslaboren verlangt.

Die Struktur der Gruppe liess aber nicht Gutes erahnen. Fast nur Chinesen und Inder, vielleicht zwei Deutsche. Ein klares Anzeichen für Ausbeutertum (ausländische Arbeiter/Doktoranden haben oft keine Familie und arbeiten 16h am Tag, diskutieren wenig und wollen nur alles schnell wegarbeiten um mit Titel wieder zurück nach Hause zu fahren).

Die Gruppe arbeitete über Krebsforschung. Ich traf den Leiter, ein alter- wirklich alter- über 70 Jahre alter Leiter, der in seinem Büro offenbar rauchte wie ein Schlot. Die Räume waren noch aus den 70ern, wenig renoviert und auch nicht besonders einladend. Das Fenster liess er offen, wohl um den unangenehmen Geruch zu entlassen. Ein Krebsforscher, der raucht wie verrückt ist ja sehr vertrauenswürdig...

Das Interview verlief normal. Ich erzählte meine Forschung, er berichtete seinen Werdegang. Skurril war dabei, daß sich ein Vogel durch das Fenster ins Office wagte, dort herumflog und nach einiger Zeit wieder herausflog. Das war dann doch fast interessanter als das Gerede des Leiters.

Dann durfte ich in einem Seminarraum der Uni meinen Vortrag halten. Auf einem Notebook eines Postdoc, da der Leiter wohl zu geizig war den Mitgliedern der Gruppe eigene PCs zu spendieren. Selbst ein Laserpointer war nicht vorhanden. Grosser Nachteil, weil man daran erkennen kann wie viel ein Prof von der eigene Gruppe hält.

Danach durfte ich mit den Postdocs und Doktoranden sprechen. Meist der interessante Part eines Interviews: Ja, der Prof sei manchmal etwas aufbrausend, das müsse man überstehen... er würde den ganzen Tag im Labor sein, die Seminare (2-3x in der Woche) würden erst um 18Uhr starten (!). Der Zusammenhalt in der Gruppe ist aber gut.

Das waren alles Aussagen, wo die rote Warnleuchte angeht. Das was ich erahnte, war Wirklichkeit. Pure Ausbeutung der Mitarbeiter. Selbst eine chinesische Doktorandin sagte mir dabei, dass viele deutsche den Druck hier nicht möchten, sie sei sowieso nur darauf aus so schnell wie möglich fertig zu sein und wieder zurück nach China zu gehen. Die Atmosphäre in der Gruppe sei aber toll, alle sind sehr hilfreich.

Zurück zum Leiter, der mir dann sagte ein Postdoc wäre abgesprungen, weil er eine Stelle in einer Firma bekommen hätte und mit seiner Familie lieber etwas sicheres, unbefristetes hätte. Naja, kein Wunder... Offenbar hat der Leiter weder eine eigene Familie noch Kinder und benutzt das Labor als Ersatzfamilie- ein denkbar schlechte Konstellation.

Ich bin dann nach Hause, mit der sicheren Erkenntnis hier lieber keinen Postdoc zu machen. Der Leiter hat mir aber dann doch eine Absage geschickt. Man hätte einen früheren Postdoc verpflichtet...

Einen Monat später sah ich dieselbe Stellenanzeige wieder im Internet ...


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