Samstag, 7. Dezember 2013

Jobs bei Jobvector


Als Biologe sucht man Jobs meistens bei jobvector.de, dem wahrscheinlich besten Jobportal für Biologen (und teilweise auch für Chemiker).
Ich habe mal in einem Zeitraum von ca 20 Tagen alle angebotenen Jobs nach den Voraussetzungen untersucht und eine Statistik erstellt.

Jobs bei Jobvector

Auf der unteren Achse sind die Vorausetzungen aufgetragen, die die Firmen haben wollen, auf der y-Achse die Anzahl der angebotenen Jobs (insgesamt waren es ca 650). Ich habe neben Promovierten, BTAs, Diplomierten auch Jobs für Verkauf (Sales), Ingenieure, Doktorandenjobs, und Clinical Research aufgenommen.

Interessant ist einmal, daß Jobs für Promovierte sehr selten sind. Sowohl in der Industrie als auch in der Forschung gab es nur ca. 40 angebotene Jobs !
Nur unwesentlich mehr gab es im Sales-Bereich (also Pharmareferenten u.a.). Ebenfalls bietet Jobvector nur wenig für Ingenieure, auch wenn vielerorts diese Berufe stark nachgefragt werden, ist wahrscheinlich Jobvector nicht der richtige Inseratsort.
Ebenfalls war für mich erstaunlich, daß es nur wenige Jobs im Klinischen Monitoring-Bereich gab. Angeblich ist dies ein besonders wachsender Markt, der viele Jobchancen für Biologen bietet.
Eine Vielzahl an Jobs gab es für Technische Assistenten. Mehr als hundert Inserate konnte man zählen, fast ebensoviele Jobs gab es für angehende Doktoranden. Für die weitaus größte Anzahl an Jobs verlangten die Firmen nur ein Diplom, Master oder gar BA Abschluss. Wer aber denkt, daß man gleich als Studienabgänger großartige Jobchancen hat, irrt sehr. Meistens waren diese Jobs nur für Spezialisten auf einem gewissen Gebiet geeignet (Qualitymanagement, Projectmanagement, GLP, Toxicology, Drug Screening etc...). Dies setzte meist bereits erworbene Erfahrung auf dem genannten Gebiet voraus.

Fazit: Falsch ist, daß man mit Promotion mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat. Natürlich kann man sich auch auf Stellen bewerben, die nur ein Diplom fordern, aber da man dort oft überqualifiziert/ zu teuer ist, hat man wenig Glück.
Idealerweise entscheidet man sich nach dem Studium auf eine Karriere in der Industrie und lässt die oft überflüssige Promotion weg. Vorteil dabei ist auch, daß man sich im Notfall auch auf TA Stellen bewerben kann (nicht bei Dr. möglich). Bei einer anvisierten Karriere in der Forschung ist eine Promotion natürlich notwendig.
Ebenfalls ist auffällig, daß der großen Menge an PhD Jobs eine geringe Menge an Jobs für die dann resultierenden Postdocs gegenüberstehen. Leider werden so immer mehr Postdocs produziert, die durch das Alter und die Abgehobenheit der akademischen Forschung auch immer uninteressanter für die Industrie werden.
Siehe dazu auch die Ansichten eines Profs. von Prof. Brennicke (Laborjournal 2010,F.54).

Natürlich habe ich nur eine Jobseite im Netz untersucht. Vielleicht sieht die Statistik bei anderen Job-Suchseiten verschieden aus.

Freitag, 15. November 2013

Molekularbiologische Praktika


Wer Biologie studiert wird auch molekularbiologische Praktika machen (müssen). Hier meine Erfahrungen und Ratschläge dazu. Natürlich kann das von Uni zu Uni stark variieren...

1. Länge
In vielen Fällen dauern die Praktika 4-6 Wochen meistens ganztägig. Deshalb sollte man sich sonst nichts parallel vornehmen. Besonders wenn danach noch Klausuren anstehen. Meistens wird um 8-9 Uhr angefangen, oft bekommt man noch eine theoretische Anweisung, dann darf man bis zum Ende des Versuches (meist bis 5-6 Uhr abends) arbeiten.

2. Der Theorieteil
Gut ist es wenn man am Anfang eines Praktikums erklärt bekommt warum man etwas macht und was der Hintergrund ist. Z.B. warum läuft das Protein im SDS Gel so, warum wird die DNA aufgetrennt und was passiert beim Fällen bzw Aufreinigen eines Proteins...Eine weitere Vorlesung a la "Proteine bestehen aus Aminosäuren" hilft eher wenig. Der Teil sollte aber nicht zu lange dauern, da man als Student doch lieber gleich anfangen möchte und viele Versuche lange dauern.

3. Der Praktische Teil
Meist findet das Praktikum in einem Extraraum statt, oft mit 10-12 Studenten. Mehr sollten es nicht sein. Darauf achten sollte man, daß man entweder alleine arbeiten kann oder in 2er Gruppen. Vierergruppen sind sehr nervig und da kann es zu skurrilen Szenen kommen, wie : Einer pipettiert das Substrat in die Küvette, der nächste das Enzym, der dritte steckt die Küvette in den Photometer, der vierte liest ab und schreibt auf... das ist kaum sinnvoll.
Oft besteht die Praxis aus dem Aufreinigen von DNA und Proteinen aus verschiedenen Organismen (Zellen/Bakterien) und eine eventuelle Behandlung (z.B. schneiden mit Enzymen, Klonieren). Dies sind meist Standartverfahren im Labor und es ist sinnvoll dies zu lernen. Alles sollte gut protokolliert werden,weil immer eine Art Protokoll verlangt wird.

4. Klausur/Protokoll
Manchmal verlangt der Leiter eine Art Abschlussklausur, die über den Theorieteil geht. Immer war jedoch ein Protokoll verlangt, das meist eine kurze Beschreibung des Versuches beinhalten sollte, ein Material und Methodenteil und die Ergebnisse mit einer Diskussion (was lief falsch, wie sind die Ergebnisse). Das Protokoll sollte auch Originalmessdaten enthalten und mit hübschen Exceldiagrammen geschmückt sein. Ein Hiwi oder der Prof schaut sich das meist an und korrigiert es, u.U. will er dann auch eine verbesserte Version nachgereicht haben.

5. Die Betreuung
Es ist selten, daß sich die Professoren in die Praktika herablassen. Wenn man Glück hat übernehmen sie den Theorieteil aber die praktische Anleitungen dürfen immer die Doktoranden oder Postdocs übernehmen. Hier kann man Glück haben und auf motivierte Mitarbeiter treffen, die gerne Studenten unterrichten oder aber auf gefrustete Postdocs, die die Lehre als reine Zeitverschwendung betrachten (was sie für Doktoranden/Postdocs leider auch meistens ist-niemand fragt bei Jobinterviews hinterher wie gut man Studis unterrichtet hat). Wenn man selbst mal als Doktorand Studenten unterrichten muß wird man dies besser verstehen...

6. Die Ausstattung
Dies dürfte sehr von Uni zu Uni variieren. Manchmal hat man Glück und darf mit neuen Pipetten und Messmethoden/Geräten arbeiten. Oft sind die Studentenpraktika sehr schlecht ausgestattet und man hat Geräte aus der Steinzeit der Molekularbiologie. Das ist nicht immer schlecht, denn man lernt auch aus der Bedienung der alten Geräte einiges. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß moderne Institute auch gut ausgestattete Praktikumsräume haben.

  

    

Professorentypen (III)


Ein neuer Blog zu den verschiedenen Prof.typen, viele sind natürlich nur eine Mischung aus diversen Typen, also alles nicht zu ernst nehmen. Übertreibungen sind nicht zu vermeiden ;-)

3. Die Chefin

Frauen als Professoren sind nach wie vor sehr unterrepräsentiert. Das liegt nicht daran, dass sie schlechte Forscher sind sondern eher daran, daß sie irgendwann eine Familie gründen wollen und dann 2-3 Jahre aus dem Betrieb raus sind.
Und niemand stellt jemand ein, der wenig publiziert hat... was nun mal unabänderlich ist, wenn man Kinder erzieht...
Also gibt es meist nur zwei Typen von Chefinnen:

a) Die Glückliche
b) Die Familienlose
c) Die Normale

zu a). Die Glückliche hat das große Glück aus einer reichen Familie zu kommen. Studium und Promotion hat sie gut genommen, eventuell vorhandene Kinder wurden von einer Nanny großgezogen. Die Glückliche konnte weiter im Labor forschen und hat nun keine Probleme mit Weiterbeschäftigung, anders als Frauen, die mal eben 3 Jahre für die Erziehung des Kindes zuhause bleiben...Leider hat sie kein Verständnis für arme Doktoranden/innen, die vielleicht sogar noch Kinder haben. Sie sollen doch auch eine Nanny einstellen, was aber aufgrund des fehlenden Geldes kaum geht. 
Meist kommt die Glückliche aus einer Professorenfamilie und hat durch gute Verbindungen auch keine große Zukunftssorgen. Für die Doktoranden bedeutet das meistens, dass sie nur wenig Verständnis gegenüber den Alltagsproblemen hat und nur in einem Forschungselfenbeinturm wohnt.

zu b). Die Familienlose hat ihre Karriere voll auf die Forschung gesetzt. Kaum Freunde, kein Mann, natürlich auch keine Kinder. Also nichts was sie von ihren hehren Zielen ablenken könnte. Sie hat Studium und Promotion/Prof sehr schnell abgefertigt/erhalten und erwartet das auch von ihren Doktoranden. Sie hat wenig Verständnis für Familienprobleme und Hobbies. Wenn der Mitarbeiter eigene Kinder hat/bekommt wird er argwöhnisch betrachtet und die Anwesenheitsstunden im Labor gezählt. Sie ist Expertin in ihrem Fachgebiet und 24h am Tag im Labor anzutreffen. Seminare werden zu Familiensprechstunden, sind exzessiv im Zeitaufwand und meist 2-3mal in der Woche, vorzugsweise abends, damit man nicht zu früh gehen kann. Sie behandelt ihre Untergebenen wie eine eigene Familie, meist streng und will über jeden Erfolg sofort informiert werden. Sie erwartet viel und hält nicht von Bummelei und Prokrastination.
Sie hat gefallen an chinesischen und indischen Studenten gefunden, da diese arbeitswillig sind, keine Familie in Deutschland haben und wenig nachfragen. Ausserdem sind sie schnell und intelligent, auch wenn die Ausbildung im eigenen Land eher schlecht ist, lernen sie schnell dazu.

Fazit:
Wenn bei dem ersten Vorstellungsgespräch auch nur einige wenige Anzeichen für das Vorhandensein einer solchen Chefin sprechen, rate ich eher dazu schnell zu verschwinden... 

Typ c) Die normale
Wer eine normale, mitfühlende Chefin trifft hat sicher das große Los gezogen. Meist ist sie sehr tolerant, rücksichtsvoll auch mit Doktoranden mit Kindern und lässt auch mal die Leute feiern.
Sie sorgt für ihre Gruppe und versucht Eifersucht innerhalb der Gruppe zu vermeiden. Leider sind die Gruppen eher klein und bestehen nur aus wenigen Doktoranden oder TAs. Der wissenschaftliche Output ist eher klein aber genügt für wenige Stellen. Wenn die normale älter wird, kann es sein, dass die Gruppe wächst und zunehmend an wissenschaftlicher Reputation gewinnt.

  

Donnerstag, 31. Oktober 2013

Skurrile Jobinterviews (III)

3. Firma für Zellbiologische Produkte

Ich hatte mich bei einer Firma als Product Manager.beworben. Die Firma vertreibt Produkte für die Zellbiologie.
Ich bekam auch gleich eine Einladung zu einem Gespräch allerdings sollte ich vorher (man hatte eine Woche Zeit) ein Expose über die Herstellung eines Mediums schreiben. Dabei ging es über verschiedene Zusätze, die die Zellen zum Wachstum benötigen.

Außerdem sollte ich ein kurzes Referat über meine Erfahrungen und Werdegang machen.
Nun war das schon recht ungewöhnlich, noch mehr als ich sah, daß mit mir noch sechs weitere Postdocs eingeladen waren, die ebenfalls an einem Nachmittag ihre Referate hielten sollten.

Bevor wir aber dran waren hielt die HR Beauftragte eine kurze Einführung in ihre Firma. Das war alles sehr interessant und gut gemacht.
Auf die Frage warum die Stelle frei wurde, wurde nur sehr ausweichend geantwortet. Es sei sehr dringend die Stelle zu besetzen weil viel Arbeit warten würde. Ein Zeichen für "der Mitarbeiter hat ein Burn-Out und den Job geschmissen" ? Wer wirft in der heutigen Zeit schon einen unbefristeten Job in der Bio-Branche hin ?  

Daraufhin stellten wir unsere Lebensläufe vor. Viele waren erst fertig mit ihrer Promotion, einige sogar gerade dabei.

Dann forderte man uns auf in der kleinen Runde zu diskutieren, wie man dieses Medium (man erinnere sich an das Expose) am besten herstellen würde. Einer solle dann den anwesenden Firmenmitarbeitern die Ergebnisse präsentieren.

Die Diskussion gestaltete sich natürlich als etwas schwierig. Jeder wollte sich dabei hervortun. Oft wurden wir von einem Mitarbeiter unterbrochen weil wir angeblich den Focus verloren hatten. Die etwas zurückhaltenden Personen hatten da eher keine Chance. Ob ein solches Quasi-Assessment Center sinnvoll ist, sei dahingestellt.

Nach 20min wurde uns dann gesagt, wir sollten warten, da die Firmenmitarbeiter erst diskutieren wollten, welche Personen für eine weiteres Interview ausgewählt werden. Nach einiger Zeit wurden dann zwei Personen ausgewählt und der Rest entlassen.

 

Dienstag, 29. Oktober 2013

Arbeitslosigkeit bei Biologen


Hier stelle ich die aktuellen Zahlen was arbeitslose/arbeitsuchende Naturwissenschaftler angeht  vor.
Laut Agentur für Arbeit gab es ca 10000 arbeitslose/suchende Biologen, darunter sind natürlich auch viel nicht promovierte. Übertroffen wird die Zahl nur von arbeitslosen/suchenden Chemikern (15000) (Fig.1). 
Ich habe die suchenden mit den arbeitslosen Menschen addiert. Arbeitsuchend muss man sich melden, wenn man in den nächsten 3 Monaten keinen neuen Vertrag bekommt, was bei den befristeten Stellen in der Wissenschaft immer sehr viele betrifft.
Als arbeitslos gemeldet sind bei den Biologen etwa 5000, also ca die Hälfte.
Interessant sind die angebotenen freien Stellen in der Summe. Während die Biologen nur auf 2000 Stellen kommen, sind es bei den Chemikern 11000. Hier sieht man, daß die Kluft zwischen freien Stellen und Arbeitssuchenden bei den Biologen am größten ist (Faktor 5), während sie bei allen anderen Wissenschaften sehr viel geringer ist.


Fig.1.Arbeitslosigkeit bei Naturwissenschaftlern


Interessant finde ich die Altersstruktur bei den Beschäftigten (Fig.2). Während fast überall nur rund 30% der Menschen unter 35 sind, sind 53% aller Biologen/Geowissenschaftler unter 35.Nur halb soviele Bios/Geos sind sogar über 55 J.alt (verglichen mit dem akademischen Durchschnitt).
Als Erklärung wird u.a. herangezogen, daß der Job eine andere Bezeichnung trägt, wenn man älter wird (Institutsleiter, etc). Aber das halte ich für weit hergeholt. Wie S.Bär in seinem Buch "Forschen auf Deutsch" recht drastisch erklärt, hat die Industrie einfach kein Interesse an über 35 jährigen.
Und selbst die 40 Jahre alten Postdocs haben die Anziehungskraft eines ausgelaugten Teebeutels, wie er markant schreibt. So wie man an der Statistik sieht, hat er wohl genau ins Schwarze getroffen (und das Buch ist 10 Jahre alt). 

Fig.2. Altersstruktur bei Beschäftigten in akademischen Berufen


Fig.3. Aufschlüsselung nach Fachkräften

In Fig.3. habe ich die Arbeitssuchenden nach Fachkräften/Spezialist/Experte aufgeschlüsselt, so wie von der Agentur für Arbeit angegeben. Allerdings war es unklar wer als Experte deklariert wurde (ich denke, das sind promovierte/Diplom/MA). Fachkräfte dürften wohl BTAs sein, bzw. bei den Chemikern CTAs.

Interessant ist die Tatsache, daß etwa 8000 promovierten/diplomierte arbeitssuchenden Biologen nur 1000 freie Jobs gegenüber stehen. Das Verhältnis bei den Fachkräften ist wesentlich besser. Auch bei den Chemikern gibt es sehr viel mehr Stellen für Fachkräfte als für Experten, außerdem ist das Verhältnis a-suchend zu freie Stellen nicht so dramatisch ist wie bei Biologen (3800 zu 1080). 






Professorentypen (II)

2. Der Herrscher

Der Herrscher hat meist eine sehr große Gruppe und ist ein hohes Tier im Institut, wenn nicht sogar Institutsleiter. Die Gruppe ist meist finanziell gut ausgestattet und hat viele Räume. Auch Stellen gibt es viele (zumindest für Doktoranden) und oft ist die Finanzierung auf einige Jahre gesichert. Wenn man Glück hat, kann man als Postdoc eine eigene kleine Untergruppe gründen.

Die Beziehungen unter den vielen Postdocs und TAs, Doktoranden gestaltet sich anhand der Masse als schwierig. Geplänkel und Neid sind an der Tagesordnung. Wenn der Chef einen Liebling hat, kann es sein, daß es die anderen doppelt schwer haben.

Meist ist der Chef jedoch gar nicht im Labor sondern geht auf Konferenzen und Meetings mit anderen Leitern. Pläne der Fernzüge und Fluglinien sind ihm vertrauter als manches Paper, daß er eigentlich korrigieren sollte. Da er öfter weg ist haben die Postdocs etwas mehr Einfluß aber auch etwas mehr Verantwortung.

Da der Professor sehr mächtig ist, kann er für seine Doktoranden oder Poistdocs u.U. gut sorgen. Er kann ihnen Stellen verschaffen oder sie anpreisen. Allerdings übertragen viele Professoren den Untergebenen Projekte, die nichts bringen. Einem Schrotgewehr gleich werden Dutzende Projekte an die Wissenschaftler verteilt. Ob sie nun erfolgreich sind sieht man bestenfalls nach 1-2 erfolglosen Jahren. Dann ist der Doktorand/Postdoc verbrannt aber der Prof hat trotzdem, dank anderer besserer Projekte, ein paar Publikationen.

Dem Doktorand/Postdoc wird dann eine Karriere in der Industrie, oder, bei fortgeschrittenem Alter, als Taxifahrer oder Kellner nahegelegt.
Wenn man Glück hat und ein brauchbares Projekt erwischte, ist eine Gründung einer Untergruppe wahrscheinlich. Das ist für den Herrscher gut, denn er steht als Letztautor immer noch auf jedem Paper.

Meistens ist das Forschungsgebiet gerade "in" und der Druck groß, auch innerhalb der Gruppe überbietet man sich gerne im langen Arbeiten und Urlaubsverzicht. An Sonntagen ist das Labor oft genauso besetzt wie am Montag. 

Positiv:
  1. Viele Stellen, gutes Funding
  2. Gute Ausstattung
  3. Chance einer Untergruppenbildung
Negativ:
  1. Zuviele Projekte, schnell wird die Übersicht verloren
  2. Verbrennen von Mitarbeitern häufig
  3. Großer Erwartungs/Erfolgsdruck 

Montag, 28. Oktober 2013

Skurrile Jobinterviews (II)

Eine weiter Folge von seltsamen Jobinterviews, die ich oder andere Postdocs/Biologen hatte.


2. Postdoc Stelle in der Forschung

Ich hatte mich auf eine weitere Stelle als Postdoc in der Forschung beworben, etwas worauf ich zwar keine groooosse Lust hatte (nur 2-Jahresvertrag) aber man muss ja jede Chance nützen, die man im Alter bekommt. Man sollte vor der Gruppe einen Vortrag über das Forschungsgebiet halten, das man gerade bearbeitete. Ok, das ist nichts ungewöhnliches und wird meist in Forschungslaboren verlangt.

Die Struktur der Gruppe liess aber nicht Gutes erahnen. Fast nur Chinesen und Inder, vielleicht zwei Deutsche. Ein klares Anzeichen für Ausbeutertum (ausländische Arbeiter/Doktoranden haben oft keine Familie und arbeiten 16h am Tag, diskutieren wenig und wollen nur alles schnell wegarbeiten um mit Titel wieder zurück nach Hause zu fahren).

Die Gruppe arbeitete über Krebsforschung. Ich traf den Leiter, ein alter- wirklich alter- über 70 Jahre alter Leiter, der in seinem Büro offenbar rauchte wie ein Schlot. Die Räume waren noch aus den 70ern, wenig renoviert und auch nicht besonders einladend. Das Fenster liess er offen, wohl um den unangenehmen Geruch zu entlassen. Ein Krebsforscher, der raucht wie verrückt ist ja sehr vertrauenswürdig...

Das Interview verlief normal. Ich erzählte meine Forschung, er berichtete seinen Werdegang. Skurril war dabei, daß sich ein Vogel durch das Fenster ins Office wagte, dort herumflog und nach einiger Zeit wieder herausflog. Das war dann doch fast interessanter als das Gerede des Leiters.

Dann durfte ich in einem Seminarraum der Uni meinen Vortrag halten. Auf einem Notebook eines Postdoc, da der Leiter wohl zu geizig war den Mitgliedern der Gruppe eigene PCs zu spendieren. Selbst ein Laserpointer war nicht vorhanden. Grosser Nachteil, weil man daran erkennen kann wie viel ein Prof von der eigene Gruppe hält.

Danach durfte ich mit den Postdocs und Doktoranden sprechen. Meist der interessante Part eines Interviews: Ja, der Prof sei manchmal etwas aufbrausend, das müsse man überstehen... er würde den ganzen Tag im Labor sein, die Seminare (2-3x in der Woche) würden erst um 18Uhr starten (!). Der Zusammenhalt in der Gruppe ist aber gut.

Das waren alles Aussagen, wo die rote Warnleuchte angeht. Das was ich erahnte, war Wirklichkeit. Pure Ausbeutung der Mitarbeiter. Selbst eine chinesische Doktorandin sagte mir dabei, dass viele deutsche den Druck hier nicht möchten, sie sei sowieso nur darauf aus so schnell wie möglich fertig zu sein und wieder zurück nach China zu gehen. Die Atmosphäre in der Gruppe sei aber toll, alle sind sehr hilfreich.

Zurück zum Leiter, der mir dann sagte ein Postdoc wäre abgesprungen, weil er eine Stelle in einer Firma bekommen hätte und mit seiner Familie lieber etwas sicheres, unbefristetes hätte. Naja, kein Wunder... Offenbar hat der Leiter weder eine eigene Familie noch Kinder und benutzt das Labor als Ersatzfamilie- ein denkbar schlechte Konstellation.

Ich bin dann nach Hause, mit der sicheren Erkenntnis hier lieber keinen Postdoc zu machen. Der Leiter hat mir aber dann doch eine Absage geschickt. Man hätte einen früheren Postdoc verpflichtet...

Einen Monat später sah ich dieselbe Stellenanzeige wieder im Internet ...


Professorentypen (I)

In loser Reihenfolge will ich verschiedene Typen von Gruppenleitern (Professoren und Professorinnen) vorstellen und ihre Macken und Gebräuche diskutieren. Vor allem soll es darum gehen: wo kann man am besten eine Doktorarbeit machen ?

1. Der Vatertyp

Der Professor als Papi kümmert sich um alles und jeden. Er ist jeden Tag im Labor und hält sich so seine Ersatzfamilie. Zuhause sind die Kinder ausgezogen, meist mit der Frau weil der Mann lieber im Labor ist als bei ihr. Zu seinen Untertanen ist er meist freundlich aber kann auch streng sein. Erziehung hört ja nicht bei den Doktoranden oder Diplomanden auf, sagt er sich. Er verlangt von seinen "Kindern" viel und kann es kaum verstehen, dass sie auch Geld verdienen wollen. Er selbst hat schliesslich sein Hobby zum Beruf gemacht und seine Schäfchen im trockenen (unbefristeter Vertrag).
Da der Vati jeden Tag im Labor ist verlangt er das auch von seinen Kindern. Am Wochenende und überhaupt ist ein 12h Tag das mindeste was man für die "Familie" leisten muß. Immerhin sorgt der Papi-Typ durch neue Grants für seine Familie. Leider verlangt er besteht er dann auch auf die totale Kontrolle über seine Gehilfen. D.h. Seminare dauern 2-3 Stunden, jeder darf haarklein belegen was er gerade macht. Platz für eigene Initiativen ist selten, ausser es gibt eine Methode, die der Papi selbst nicht gut kennt und vielleicht schon mal von Kollegen gehört hat, sie wäre ganz toll geeignet.
Meistens sind die Gruppen dieses Typs sehr klein und bestehen aus wenigen Doktoranden/ Diplomanden und TAs. Das ist gut für die Atmosphäre aber schlecht für die Produktivität. Selten haben die Mitarbeiter dann gute Veröffentlichungen.
Das Arbeitsgebiet ist meist nicht wirklich top aktuell. Oft stützt sich die Gruppe auf Dinge, die der Papi noch zu seiner Doktorandenzeit erforscht hat.


Pro
  1. Betreuung
  2. Grants 
  3. Atmosphäre der Gruppe 
Contra
  1. Überwachung, wenig Kreativität
  2. Große Erwartungen und Ansprüche
  3. Meist inaktuelles Arbeitsgebiet


  

Skurrile Jobinterviews (I)

Als Biologe kommt man nicht umhin sich auf Jobs zu bewerben, da man meist nur auf 2-4 Jahre befristete Verträge hat oder nach einer Zeit erkennt, dass man besser woanders arbeiten möchte. Da ich auch in solchen Situationen war/bin nun in loser Reihenfolge die seltsamsten Interviews, die ich (oder andere) hatten.

Jobinterview Stammzellfirma:
Vor einigen Jahren bewarb ich mich bei einer Firma, die mit Stammzellen ihr Glück versuchte. Es war die Zeit der Startups und des unbegrenzten Optimismus was Stammzellen anging. Da ich mich nur wenig mit humanen Stammzellen auskannte, war ich eher pessimistisch, daß ich tatsächlich für ein Interview eingeladen wurde. Mein Erfolg mit einer transgenen Maus, womit ich mit ES Zellen der Maus arbeitete war zwar schön, aber es waren eben keine humanen Zellen, womit die Firma arbeitete. Trotzdem bekam ich eine Einladung (nach München). Dort musste ich mich zuerst in ein altes, nicht gerade einladendes Bürogebäude begeben und warten. Drei Leute in Anzügen begrüssten mich dann und ich wurde in den großen Konferenzraum geführt.

Dort saß ich dann, etwa 2m von den Partnern getrennt,und wurde ausgefragt, bzw man stellte die Ziele und Pläne der Firma vor. Zuvor durfte ich eine Unterlassungserklärung unterschreiben, sodass ich niemanden von den Methoden der Firma erzählen darf. Heute produziert die Firma ein Anti-Krebsmittel, das auf Stammzellen basiert. Ob nach zwei Förderperioden dieses personalisierte Therapeutikum Krebserkrankten wirklich helfen kann ist aber noch ungewiss.

Nun teilte man mir mit, dass eigentlich ganz andere Gebäude gemietet wurden aber die Labors noch im entstehen sind. Leider konnte ich keinen Blick darauf werfen. Was Methodik und Ziele anging, wurde ich nur sehr knapp informiert. Kein Wunder, wenn man so paranoid ist, fallen die Infos auch sehr mager aus, dachte ich mir.

Das Interview war dann auch schnell beendet. Ich verbrachte noch einen schönen halben Tag in München und besuchte Olympiapark, Frauenkirche u.a. Ob man mir die Fahrtkosten erstattete, weiss ich nicht mehr. Eine Absage bekam ich kurze Zeit später. 

Schnippelkurse

Wer wie ich noch Biologie auf Diplom studiert hat wird sich vielleicht an die Kurse in den ersten Semestern erinnern. In Zoologie durfte man tote Tiere auseinanderschneiden und abmalen was man vermeintlich darin entdecken konnte und in Botanik durfte man dasselbe mit Pflanzen machen.

Diese Kurse wurden verächtlich "Schnippelkurse" genannt und es gab kaum einen, der sich wirklich damit anfreunden konnte.

Warum wohl ? Nun am Anfang waren die Kurse (besonders in Zoologie) noch recht einfach. Ein paar Protozoen unter dem Mikroskop beobachten und zeichnen. Dann kamen die Cnidaria dran. Den Hydra sp. (Wasserpolyp) galt es zu finden und zu zeichnen. Daneben hatte man immer das Standartlehrbuch, den Kükenthal. Leider war es das auch mit den einfachen Tierchen. Dann kamen die wirklich ekligen Sachen.

Fadenwürmer gingen ja noch --- aber die Weinbergschnecke aufschneiden und den inneren Matsch zu zeichnen war einfach furchtbar. Die meisten zeichneten auch nicht was sie sahen sondern schauten im Buch nach wie es auszusehen hatte, da kaum jemand die Schnecke vernünftig aufschneiden konnte. Auch war niemand so erfahren die einzelnen Organe wirklich zuordnen zu können.  

Leichter waren dann der Regenwurm und die Miesmuschel. Aber auch hier war das Buch die eigentliche Vorlage und das eigene Geschnippel oft nur Matsch. Überhaupt waren diese Kurse für zeichnerisch unbegabte ein absoluter Horror. Man wurde für jedes Bild benotet (+/0/-) und meist bekam man nur eine 0 oder ein Minus...

Dann musste eine Küchenschabe (Periplaneta americana) aufgeschnitten und gezeichnet werden. Keine leichte Aufgabe, die man nur mit Hilfe des Buches lösen konnte. Unvermeidlich waren dann Vorträge über weitere Mundwerkzeuge der Insekten, eine Sache, die kein Biochemiker oder Molekularbiologe jemals wieder gebrauchen kann... 

Interessant war das Aufschneiden des Fisches- nicht weil die Anatomie so spannend war- sondern weil der Saal dann so toll nach Fischhalle roch... Da ist man froh nicht im Hamburger Fischmarkt arbeiten zu müssen.

Einfach waren dann der der Seestern, der aufgrund der harten Schale gut zu knacken war. Eine Maus zum Schluss blieb uns erspart. Wir konnten dafür einfach fertige Präparate von anderen Kursen nehmen.

Wer sich in Zoologie spezialisieren wollte, dem war dieser Kurs sicher sehr hilfreich. Alle Molekularbiologen fanden den Kurs eine reichlich unnötige Zeitverschwendung. Man kann froh sein, wenn heutige Bio-Studenten dies nicht mehr machen müssen.